Die Wissenschaftsfreiheit ist auch für die Geschichtswissenschaft essentiell. Daher ist sie im Grundgesetz wie schon in der Paulskirchenverfassung und der Weimarer Reichsverfassung eigens geschützt. Ihr drohen heute von drei Seiten Gefahren: Erstens durch eine fortschreitende Pönalisierung, die in der Bundesrepublik oder noch stärker in Frankreich zu beobachten ist. Zweitens durch eine politische Normierung, wie sie in Beschlüssen des Bundestages und symbolischen Akten der Bundesregierung zum Ausdruck kommt. Und drittens durch Attacken aus der Wissenschaft selbst, die zu Meinungskorridoren, Ausschalten von unliebsamen Forschungen und Forschungspositionen und Selbstanpassung an den Mainstream führen. Auch die weitere Geschichtskultur ist von Verengungen, Sprachregelungen und Skandalisierungen negativ betroffen.
Prof. Dr. Dieter Hoeres ist seit Oktober 2013 Inhaber der W3-Professur für Neueste Geschichte an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg. Zuvor habilitierte er sich im Jahr 2011 an der Universität Gießen mit einer Arbeit zur Außenpolitik und Öffentlichkeit im Kontext der deutsch-amerikanischen Beziehungen zwischen der Ära Erhard und der Kanzlerschaft Willy Brandts. Von 2017 bis 2025 war Prof. Hoeres Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats der Bundeszentrale für politische Bildung (BPB), wo er seine Expertise in die politische Bildungsarbeit einbrachte.